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Von Krähen und anderen Vögeln: Gerharz kommentiert das Gutacherwesen in Deutschland

MÜNCHEN, FRANKFURT, im April 2014. ‚Eine Krähe hackt der anderen kein Auge aus'. Jeder kennt diesen bitteren Kommentar, wenn der Eindruck entsteht, daß ein medizinischer Sachverständiger einen Standeskollegen in einer Auseinandersetzung um einen Behandlungsfehler (auch ‚Kunstfehler' genannt) fälschlicherweise entlastet. Das medizinische Gutachten ist mit drei Artikeln Schwerpunkt der April-Ausgabe von URO-NEWS aus dem Springer-Verlag. Professor Gerharz, UROGATE Frankfurt, kommentiert in seinem Editorial die aktuelle Situation in Deutschland.

Während in den Medien oft durch die isolierte Nennung der absoluten Zahlen der Eindruck entsteht, immer mehr Patienten würden ‚Opfer von Ärztepfusch', wird diese Annahme durch die Berücksichtigung der korrekten Bezugsgrößen Lügen gestraft. Tatsächlich bewegt sich die Zahl der in Deutschland festgestellten Behandlungsfehler, gemessen an der Gesamtzahl von jährlich rund 18 Millionen Behandlungsfällen in Krankhäusern und mehr als 540 Millionen allein in der vertragsärztlichen Medizin (niedergelassene Ärzte), im Promillebereich.

Gut ein Viertel aller vermuteten Arzthaftungsfälle wird für den Patienten gebührenfrei durch die Gutachterkommissionen und Schlichtungsstellen bei den Ärztekammern bewertet. In zirka 90% der Fälle werden die dort getroffenen Entscheidungen von beiden (!) Parteien akzeptiert und die Streitigkeiten beigelegt. Wird doch noch der Rechtsweg beschritten, werden die Entscheidungen überwiegend bestätigt.

Im Jahr 2012 lag bei 7.578 Anträgen zu mutmaßlichen Behandlungsfehlern in 2.280 Fällen ein solcher auch vor (30%). Eine ähnliche Quote berichtet der Medizinische Dienst der Krankenkassen im gleichen Zeitraum (31,5% Behandlungsfehler bei 12.483 Gutachten). Die meisten Vorwürfe werden im Zusammenhang mit Operationen erhoben, mit übrigens keinem urologischen Eingriff unter den Top 10 der Diagnosen, die zur Antragstellung führten.

Nach Gerharz dürfen die genannten Daten als Ausweis einer zunehmenden Transparenz des Gutachterwesens gelten, als Voraussetzung für eine faire Diskussion des komplexen Themas. Er fordert, daß sich alle die vitale Bedeutung der Gutachtenerstattung und ihre Anfälligkeit für Störfaktoren bewußt machen, die Unbefangenheit der Sachverständigen als Primärtugend akzeptiert wird und die von der Arbeitsgemeinschaft Wissenschaftlicher Medizinischer Fachgesellschaften (AWMF) in 2013 formulierten Leitsätze rigoros Anwendung finden.

  • Lesen Sie hier das Editorial "Von Krähen und anderen Vögeln" aus Uro-News im Volltext

Quelle Bild: Quinn Dombrowski, CC BY-SA 2.0, Wikimedia Commons